Jordan Peterson und der Krieg der Sterne

 

Was war passiert? Ein Professor in Toronto, der sich geweigert hat, gendergerechte Pronomen zu verwenden, wurde von Google und von YouTube gesperrt. Es handelte sich um Jordan B. Peterson. Der dachte zunächst, dass es sich um ein Missverständnis handelte. Keineswegs. Es war kein Versehen. Nun war es passiert: Das Imperium hatte zurückgeschlagen.

Wir befinden uns in einem neuen Krieg der Sterne, einem Krieg der Gender-Sterne. Was in Kanada das genderechte Pronomen ist, ist in Deutschland das kleine Gendersternchen*, das neuerdings auch – wie in Expert*innen – so ausgesprochen wird, dass man vor dem „innen“ eine kleine Pause macht, als hätte man sich verschluckt.

Auch hier befinden wir uns in einem Krieg der Sterne, auch wenn es vielen noch so vorkommen mag, als wäre es höchstens ein kalter Krieg. Ohne Verwüstungen. Ohne Opfer. Dann sollten wir nach Kanada schauen. Das tut dieser Text, der schon aus dem Jahr 2017 stammt. Dann können wir selber sehen, wie heiß der Krieg ist.

 

Worum geht es?

 

Es wirkt wie eine Kleinigkeit. Doch es ist ernst. Es geht ums Ganze. Sage mir, welches Pronomen Du benutzt und ich sage Dir, ob Du mein Feind bist. Was hat es mit diesen gendergerechten Pronomen auf sich? Warum ist es neuerdings in Kanada strafbar, sie NICHT zu verwenden?

Es gibt Menschen, die sich nicht eindeutig einem der beiden Geschlechter zuordnen können. Sie können sich allerdings auch keiner für alle gültigen Gruppenbezeichnung zuordnen. Manche nennen sie launig „Buchstabenmenschen“, weil sich diejenigen, die sich nicht richtig festlegen können, sich selbst mit einer lockeren Reihung von Buchstaben als „LGBTTQ“ bezeichnen – aber da bin ich womöglich nicht mehr auf dem neuesten Stand: Die Liste ist mal länger, mal kürzer, mal ist ein Q dabei, mal nicht, mal ein +, mal nicht, das T ist umstritten. Auch die Reihenfolge ändert sich. Eigentlich ist es überhaupt keine Gruppe, keine „community“, über die man sagen könnte, dass sie gemeinsame Interessen hätten. Im Gegenteil: Sie sind sich untereinander gar nicht grün.

Es geht um Schwerverbrecher

Grün sind lediglich ihre Fürsprecher – politisch gesehen. Viele sind rot. Auch wenn keiner genau sagen kann, wer diese LGBTTIler sind, wie man sie korrekt nennen soll und was sie überhaupt wollen, so kann man immerhin ihre Gegner klar ausmachen: Das sind böse, transphobe Menschen; Finsterlinge, die diese Minderheiten diskriminieren, marginalisieren, unterdrücken und ihnen – das wird ernsthaft so gesagt – ihre „Menschlichkeit“, ihre „Würde“ und ihre „Existenzberechtigung“ absprechen. Kurz: Es sind Schwerverbrecher.

Deshalb muss der Kampf gegen Transphobie mit aller Härte geführt werden. Deshalb drohen entsprechende Strafen. In Kanada gibt es neuerdings „human rights tribunals“, also Menschenrechtstribunale. Wer vor ein solches Tribunal gestellt wird, muss fürchten, dass ihm die Existenzberechtigung abgesprochen wird, dass er aus der Gemeinschaft ausgestoßen und in seiner beruflichen Existenz vernichtet wird.

 

Wie erkennt man Schwerverbrecher?

Die Schwerverbrecher erkennt man leicht. Man erkennt sie daran, ob sie ein gendergerechtes Pronomen gebrauchen – oder nicht. Ein neues Gesetz macht die Identifizierung von solcher Art von Schwerverbrechern möglich.

Jordan Peterson hatte das neue Gesetz von Anfang an kritisiert – in ungewöhnlicher Deutlichkeit. In einer Talkshow sagte er: Wenn er jemals wegen Nichtbenutzung des gendergerechten Pronomens verurteilt würde, würde er nicht zahlen, wenn er ins Gefängnis müsste, würde er in den Hungerstreik treten. Nein, er würde diese Worte, die ihm vorgeschrieben werden, nicht gebrauchen: „I am not going to use the words other people require me to use.“

Es geht nicht darum, dass man etwas nicht sagen darf, sondern dass man etwas sagen muss

Das Gesetzt heißt Bill C16. Peterson sieht darin einen bisher nicht dagewesenen Übergriff des Staates auf die „freedom of speech“, weil damit ein bestimmter Sprachgebrauch vorgeschrieben werden soll. Andere begrüßen das Gesetzt: Eine großartige Neuigkeit –  a „great news“ – nannte es der kanadische Premierminister Justin Trudeau, als die Vorlage den Senat passiert hatte, und fügte der frohen Botschaft ein neckisches „#LoveisLove“ hinzu. Denn ab nun war es illegal, jemanden aufgrund seiner Gender-Identität oder der entsprechenden Erscheinungsform zu diskriminieren: „Making it illegal to discriminate based on gender identity or expression.“

Das ist neu. Es heißt nämlich nicht – wie womöglich manche wohlmeinend glauben –, dass man niemanden wegen seines Geschlechts benachteiligen darf. Das war einmal. Die Zeiten sind vorbei. Von „Geschlecht“ (Sex) ist gar nicht mehr die Rede, sondern von Gender-Identität und ihren Erscheinungsformen. Eine Gender-Identität gibt man sich selbst (heute fühle ich mich irgendwie als Frau) und bringt diese selbst gewählte Identität beispielsweise mit dem Einsatz eines Lippenstifts zum Ausdruck. Wer „fluid“ ist – also mal männlich, mal weiblich im fließenden Wechsel –, macht das durch entsprechende Armreifen deutlich.

 

Die Gender-Sturmtruppen geben kein Pardon

Machen Sie nicht den Fehler, dies als Kuriositäten abzutun, denen man mit Humor und Gelassenheit begegnen sollte. Es handelt sich um Repressionen, die mit der ganzen Wucht der Staatsmacht und mit unkontrolliertem Hass seitens der Krieger für soziale Gerechtigkeit (social justice warrios) brutal durchgesetzt werden. Es ist kein Scherz.

Dass die Strafen unverhältnismäßig hart und die Masken der Zivilisation gefallen sind, hat sich womöglich schon herumgesprochen. Sehen Sie sich ab Minute 0:40 das Video an, das bereits auf der Achse veröffentlicht war. Da sehen sie, was das für Kämpfer sind, die sensiblen Umgang und Respekt einfordern und sich nun zusammen mit ihrem Premierminister über Bill C16 freuen: Aufgebracht schreien sie Jordan Peterson als „transphobic peace of shit“ nieder. Tamara Wernli sieht das als schlimmes Beispiel dafür, wie respektlos Studenten heutzutage sind. Es ist ein Beispiel für das Auftreten der Gender-Sturmtruppen.

Vielleicht wundert sich jemand. Es handelt sich bei dieser Trans-Community um eine verschwindend kleine Minderheit. Warum macht man ausgerechnet um so wenige Leute so ein großes Theater? Um die wenigen Leute geht es gar nicht. Die wenigen Betroffenen wollen die Sprachvorschriften, die nun zu ihrem Gunsten durchgesetzt werden, selber gar nicht. Sie unterstützen eher Jordan Peterson in seinem Widerstand gegen einen verordneten Sprachgebrauch. Jordan Peterson ist Psychologe, er kennt solcher Fälle und erhält überwältigende Zustimmung aus der „community“ (die, wie gesagt, gar keine ist). Als Beispiel habe ich ein Video herausgesucht, das schon im Titel alles verrät: I’m Trans, and I Love Jordan Peterson“.

Wie kann man es richtig machen?

Dennoch. Ihm wird vorgeworfen, dass er mit seiner Weigerung, genderneutrale Pronomen zu verwenden, die Universität unsicher mache, dass er das Wohlbefinden der „students“ (ich verwende hier den englischen Ausdruck, weil der gendergerechte deutsche Ausdruck noch in Arbeit ist) gefährde und dass er diese „students“ – das wird ernsthaft so vorgetragen – „missbrauche“. So wurde es öffentlich in der Talkshow gesagt. Dazu wurde live eine Transperson zugeschaltet, die sich allerdings für Jordan Peterson aussprach – egal. Die Vorwürfe bleiben: Jordan Peterson begeht mit seiner Weigerung, gendergerechte Pronomen zu gebrauchen, „Verletzungen von Menschenrechten“ und „Missbrauch“.

Die Kanadier sollen daher ihren Sprachgebrauch ändern. Alle. Bei jeder Gelegenheit. Denn ihr bisheriger Sprachgebrauch stellt neuerdings eine Diskriminierung dar. So sehen es jedenfalls die „Kämpfer für soziale Gerechtigkeit“. Es ist ein ungeheuerlicher Gedanke. Alle müssen nun umlernen. Alle müssen mit dem vertrauten Sprachgebrauch brechen und sich bei jeder Formulierung darauf achten, dass die damit keine Menschenrechte verletzen.

Eine Diskriminierung in der Sprache kann sich nämlich bei jeder Gelegenheit ergeben.

 

Keine Ausreden!

Das sieht man in einem Video von den Studentenprotesten: Jordan Peterson will auf die Frage, die eine weiblich klingende Stimme gestellt hat, antworten, wird dabei sofort unterbrochen und sagt genervt: „Let me talk to her“ – also: Lass mich doch mal mit ihr reden. Darauf fährt ihm diese weiblich klingende Stimme über den Mund und befiehlt: „Don’t call me that“: Nennen Sie mich nicht so. Nicht wie? Er soll sie nicht als „her“ bezeichnen, nicht als „sie“.

Sondern? Wie soll er denn sagen? Das dürfen sich die LGBTTIler neuerdings aussuchen. Dazu wurde in der erwähnten Talkshow eine kleine, vorläufige Liste eingeblendet: ze/zim/hir/em/per … Es ist nur eine vorläufige Liste, wie gesagt. Es gibt noch mehr Möglichkeiten. Unzählige. Jordan Peterson wollte einwenden, dass er sich die nicht alle merken kann. Das ließen sie ihm nicht durchgehen: Er könnte sich in seinem Handy Notizen machen. Als er das ablehnte, wurde ihm vorgeworfen, dass er faul ist.

Der Feind steht rechts!

Hier wird angestrengt ein Feindbild aufgebaut. Der Feind steht rechts. Der Feldzug der Advokaten der LGBTTLIler ist Teil des Kampfes gegen Rechts. Wer nicht für „#LoveisLove“ ist, gilt als auch in Kanada als Nazi. An der Sprache kann man Nazis erkennen. Auch Jordan Peterson wird in die rechte Ecke geschoben. Die „Kämpfer für soziale Gerechtigkeit“ versuchen es jedenfalls. So soll er sich dafür rechtfertigen, dass so viele „Nazis“ auf seiner Seite stehen.

Das ist absurd. Wenn man sich seine Videos zum Thema Persönlichkeit oder die über die Schrecken totalitärer Systeme ansieht (es gibt dermaßen viel von ihm Netz, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, Empfehlungen auszusprechen), erfährt man, was einen Menschen dazu bringt, sich wie ein Auschwitz-Wärter zu verhalten und wie man diese Entwicklung verhindern kann. Da könnten die schreienden „students“ noch was lernen.

Wie sieht es bei uns aus?

Einen solchen Krieg der Sterne haben wir bei uns nicht? Doch, doch. Vielleicht noch nicht in der Härte. Die kleinen Sterne haben wir inzwischen auch, liebe Leser*innen, das ist Ihnen sicher schon aufgefallen und Sie haben sicher auch schon bemerkt, wer sie nutzt und wer nicht. Wer sie nicht benutzt, ist rechts. Das ist leicht zu erkennen. Der Ton wird schärfer. Die Strafen werden härter. Der Kampf gegen Rechts wird mit Millionenbeträgen gefördert.

Inzwischen sind die Videos von Jordan Peterson wieder online. Beruhigend ist das nicht. Google hatte auf Nachfrage mitgeteilt, er habe gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, ohne zu sagen, worin der Verstoß bestanden haben soll. Genau da liegt die Gefahr. Sie handeln willkürlich. Es war ein Warnschuss.

Der nächste Schuss kann jederzeit kommen und jeden von uns treffen. Dieser Text ist – wie gesagt – auf dem Jahr 2017. Seitdem sind die Sterne immer weiter auf dem Vormarsch, die Löschungen nehmen zu. Bei den Videos auf youtube, die nicht auf Linie sind, geht das Licht aus.

 

 

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